Die Datenrevolution der Bundesbank? Eine neue Dimension der Vermögensanalyse und politische Implikationen

  • Von Xhulia Likaj
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Anfang 2024 begann die Deutsche Bundesbank mit der Veröffentlichung eines innovativen Datensatzes zur Beurteilung der Vermögensverteilung der privaten Haushalte in Deutschland. Die Distributional Wealth Accounts (DWA) kombinieren Daten der Bundesbank-Vermögensbefragung "Private Haushalte und ihre Finanzen" mit vierteljährlichen volkswirtschaftlichen Vermögensbilanzdaten und bieten im Vergleich zur arbeitsintensiven Haushaltsbefragung große Vorteile hinsichtlich der zeitnahen Verfügbarkeit. Diese neue Quelle ermöglicht vierteljährliche Analysen auf der Ebene der einzelnen Haushalte, einschließlich Untersuchungen zu geldpolitischen Implikationen auf der Mikroebene. Bisher unbekannte Nuancen der Art und Weise, wie Haushalte ihren Konsum und ihre Ersparnisse als Reaktion auf politische Veränderungen verwalten, sowie die Art und Weise, wie die Vermögensverteilung die Wirksamkeit der Politik beeinflusst, werden nun deutlicher.

Die DWA schließt eine entscheidende Lücke in der Vermögenserfassung. Herkömmliche Datenquellen bilden die sehr wohlhabenden Menschen nur unzureichend ab, was zu einem verzerrten Bild des nationalen Vermögens führt. Die DWA korrigiert dies, indem sie einen gerechteren Überblick über alle Vermögensklassen bietet und die unterschiedlichen Anlagelandschaften aufzeigt - von den liquiden Mitteln der weniger Wohlhabenden bis hin zu den umfangreichen Kapitalanlagen der Reichen. Der daraus resultierende Datensatz kombiniert Vermögensumfragedaten mit nationalen wirtschaftlichen Vermögensbilanzen und bietet wertvolle Einblicke in die Vermögensdynamik der Haushalte seit 2009.

Zu den wichtigsten Ergebnissen gehört ein deutlicher Anstieg des medianen Nettovermögens seit 2009, insbesondere in der weniger wohlhabenden Hälfte der Haushalte, was bis 2014 zu einem leichten Rückgang der Vermögensungleichheit führte. Seit 2022 hat die Vermögensungleichheit jedoch wieder zugenommen, was auf Faktoren wie hohe Inflationsraten und ein gedämpftes Wirtschaftswachstum zurückzuführen ist. Die Analyse zeigt auch Schwankungen bei den Wachstumsraten des Nettovermögens zwischen den verschiedenen Vermögensgruppen und Vermögensarten. Während die Vermögensungleichheit bis 2021 leicht rückläufig war, begann sie seit Ende 2022 wieder leicht anzusteigen, was auf positive Bewertungsänderungen bei risikoreicheren Anlageformen zugunsten wohlhabenderer Haushalte zurückzuführen ist.

Darüber hinaus setzt die Bundesbank die verteilungsbasierte Vermögensbilanz ein, um die Risiken für die Finanzstabilität zu analysieren, die sich aus der Verschuldung der privaten Haushalte in Deutschland ergeben. Im Gegensatz zu früheren Methoden, die sich auf aggregierte Messgrößen konzentrierten, ermöglicht dieser Ansatz eine detaillierte Untersuchung der finanziellen Situation der privaten Haushalte, einschließlich spezifischer Gruppen wie Hausbesitzer. Schlüsselindikatoren, wie das Verhältnis von liquiden Mitteln zu Schulden, helfen bei der Bewertung von Risiken durch Liquiditätsengpässe. Während beispielsweise Eigentümer in der Regel über liquide Mittel verfügen, die 34 % ihrer Schulden abdecken, liegt die Deckung bei Mietern mit 52 % höher. Rund 30 % der verschuldeten Haushalte verfügen jedoch nur über minimale liquide Mittel im Verhältnis zu ihren Schulden, was auf eine potenzielle Anfälligkeit für Einkommensverluste hinweist. Die Analyse zeigt auch Unterschiede in der Vermögensstruktur und im Sparverhalten zwischen Hausbesitzern und Mietern.

Der Datensatz der Bundesbank hat einmal mehr bestätigt, dass Deutschland bei der Ungleichheit der Vermögensverteilung innerhalb der Eurozone am oberen Ende der Gini-Koeffizienten-Skala liegt. Was die Zukunft der Geldpolitik angeht, so zeigt die DWA, dass sich die Reaktionen der deutschen Haushalte trotz der Vermögensverschiebungen nicht grundlegend geändert haben. Dennoch können die politischen Entscheidungsträger mit den detaillierteren Daten ihren Ansatz verfeinern, um die wirtschaftlichen Hebel wirksamer anzusetzen.

Durch die Kombination von mikro- und makroökonomischen Daten bietet die Arbeit der Bundesbank ein effektives Modell für Zentralbanken, um Volkswirtschaften besser zu verstehen und zu steuern.