Pilotprojekt widerlegt Vorurteile über das Grundeinkommen
- Von Xhulia Likaj
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Ein Pilotprojekt zum bedingungslosen Grundeinkommen liefert neue Fakten für eine oft emotional geführte Debatte: Über einen Zeitraum von drei Jahren erhielten 107 zufällig ausgewählte Personen monatlich 1200 Euro – ohne Bedingungen. Die Ergebnisse widerlegen gängige Klischees wie den vermeintlichen Rückzug aus dem Arbeitsleben.
Im Rahmen des vom Verein Mein Grundeinkommen e.V. initiierten Projekts wurden Teilnehmende mit einer Vergleichsgruppe von 1580 Personen gegenübergestellt. Alle Probanden lebten allein, waren zwischen 21 und 40 Jahre alt und verfügten vor Projektbeginn über ein monatliches Einkommen zwischen 1100 und 2600 Euro netto. Begleitet wurde die Studie vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), der Wirtschaftsuniversität Wien und weiteren Forschungseinrichtungen.
Entgegen weit verbreiteter Befürchtungen zeigte sich: Die GeldempfängerInnen reduzierten weder ihre Arbeitszeit noch zogen sie sich vom Arbeitsmarkt zurück. Rund 90 Prozent der Teilnehmenden blieben durchgehend in Vollzeit beschäftigt – ein Niveau, das auch in der Kontrollgruppe beobachtet wurde.
Finanziell agierten die TeilnehmerInnen verantwortungsbewusst. Über ein Drittel der Zahlungen wurde gespart, ein beachtlicher Teil floss in wohltätige Zwecke oder zur Unterstützung von Angehörigen. Im Vergleich zur Kontrollgruppe wurde deutlich mehr Geld zurückgelegt, und der Anteil jener mit sehr geringem Vermögen nahm in der Maßnahmengruppe deutlich ab.
Auch das subjektive Wohlbefinden profitierte: Die Maßnahmengruppe berichtete über signifikante Verbesserungen bei Lebenszufriedenheit, mentaler Gesundheit und dem Gefühl der Selbstbestimmung. Diese Effekte blieben über den gesamten Untersuchungszeitraum stabil - ohne Anzeichen von Gewöhnung.
Besonders auffällig war der Zuwachs an sozialer Interaktion: Die EmpfängerInnen verbrachten wöchentlich mehrere Stunden mehr mit FreundInnen und Familie als die Vergleichsgruppe. Auch für Freizeitaktivitäten und Reisen wurden vermehrt Mittel verwendet, was auf eine gestiegene Lebensqualität hindeutet.
Trotz der begrenzten Reichweite – das Projekt fokussierte auf Einzelhaushalte und schloss makroökonomische Effekte aus – liefert die Studie eine empirische Grundlage, um die Diskussion um das Grundeinkommen zu versachlichen. Vor allem die oft bemühte „soziale Hängematte“ scheint im Licht der Ergebnisse wenig tragfähig.
Die Initiatoren betonen, dass das Grundeinkommen derzeit nicht auf der politischen Agenda steht. Angesichts bevorstehender Reformen im Sozialsystem fordern sie jedoch eine ergebnisoffene, evidenzbasierte Debatte über mögliche Alternativen.
