Vermögensungleichheit: Ein genauerer Blick auf Milliardäre in Deutschland

  • Von David Kläffling
  • Lesedauer 3 Min

Eine neue Studie von Julia Jirmann und Christoph Trautvetter beschreibt Lücken der Reichtumserfassung und -besteuerung und schlägt einen alternativen Reichtumsbericht vor.

In einer kürzlich durchgeführten Studie der Hans-Böckler-Stiftung kritisieren die Autoren die Methodik des Reichtumsbericht der Regierung, da dieser nicht ausreichend zwischen Wohlhabenden und Superreichen unterscheide. Das Problem sei, dass sich die Analyse der sehr hohen Einkommen und Vermögen auf nicht repräsentative Haushaltsbefragungen und zu journalistischen Zwecken erstellte Reichenlisten stützen würde.

Das Ziel der Studie ist es, diese methodischen Lücken zu schließen, um eine umfassende Analyse von Milliardenvermögen in Deutschland durchzuführen und einen konsistenten Datensatz für wissenschaftliche Analysen bereitzustellen. Damit werden auch Mythen über die Struktur und Besteuerung von Milliardenvermögen adressiert. Die Autoren betonen, dass viele Wissenslücken über die Superreichen mit öffentlich zugänglichen Informationen geschlossen werden könnten und legt so den Grundstein für einen alternativen Reichtumsbericht.

Durch den Vergleich von Reichenlisten des Manager Magazins und von Forbes identifiziert die Studie elf weitere Milliardenvermögen, die in den meisten Analysen zur Vermögensverteilung bisher übersehen wurden. Darüber hinaus zeigt eine vertiefte Analyse, dass privat gehaltenes Vermögen, insbesondere das durch reinvestierte Gewinnausschüttungen finanzierte, unterschätzt wird und die Unternehmen teilweise unterbewertet sein könnten.

Im Gegensatz zur gängigen Vorstellung, dass Milliardenvermögen hauptsächlich mit Familienunternehmen verbunden sind, zeigt die Datenanalyse der Studie, dass jedes fünfte Milliardenvermögen nicht oder nicht mehr auf einem mit der Familie verbundenen Unternehmen beruht. Der Verkauf von Unternehmen und die Reinvestition der Erlöse am Finanzmarkt sind wesentliche Gründe, die die Vorstellung herausfordern, dass jeder Milliardenreichtum auf Unternehmertum basiert.

Die Analyse der Vermögensstruktur beleuchtet auch die Geschlechterdynamik und zeigt, dass nur die Hälfte der verbliebenen "Familienunternehmen" von der Familie geführt wird, wobei weibliche Führung und Eigentum eine minimale Rolle spielen. Bemerkenswert ist, dass es laut den Daten der Studie auch über dreißig Jahre nach der Wiedervereinigung kein ostdeutsches Milliardärsunternehmen gibt.

Abschließend erforscht die Studie die Besteuerung der Erträge aus Milliardenvermögen und zeigt, wie stark die entsprechenden Steuersätze seit 1996 gesunken sind. Neben der Aussetzung der Vermögensteuer sticht insbesondere die Halbierung des Steuersatzes auf nicht ausgeschüttete Gewinne heraus, während der Steuersatz auf durchschnittliches Arbeitseinkommen nur geringfügig gesunken ist.

Eine Ausweitung der Analyse auf die Top 1.000 deutschen Vermögen und deren verbundene Unternehmen könnte einen erheblichen Teil der reichsten 0,1 Prozent der Bevölkerung und einen großen Teil ihres Vermögens erfassen und so ein nuanciertes Verständnis ihres Reichtums und gesellschaftlichen Einflusses bieten.

Mit Blick auf einen alternativen Reichtumsbericht, zeigt das Arbeitspapier, dass die im Datensatz zusammengefassten Milliardenvermögen sich im Eigentum von etwa 4.300 Haushalten befinden. Würde man die Analyse auf die gesamte Liste der 1.000 größten deutschen Vermögen, die damit verbundenen Unternehmen und die dahinterstehenden Eigentümer ausdehnen, könnte man einen großen Teil der reichsten 0,1 Prozent der Bevölkerung (etwa 40.000 Haushalte) und einen großen Teil ihres Vermögens erfassen

Während einige milliardeneigene Unternehmen gesetzliche Ausnahmen oder Holdinggesellschaften im Ausland nutzen, bieten öffentlich zugängliche Unternehmensberichte und Eigentumsdaten eine reichhaltige Ressource zur Analyse der gesellschaftlichen Bedeutung dieser Vermögen und decken etwa 90 Prozent der Milliardenvermögen ab.

Die ganze Studie gibt es hier.