Neue Studie: Frauen erben weniger, aber zahlen mehr Steuern

  • Von Sonja Hennen
  • Lesedauer 3 Min

Egal, wie reich Frauen werden, Männer sind und bleiben im Schnitt reicher. Im Jahr 2022 haben Frauen in Deutschland pro Stunde durchschnittlich 18 % weniger verdient als Männer. Schaut man auf die Vermögen, stellt man fest, dass der deutsche Durchschnittsmann im Vergleich 30.000 Euro mehr besitzt als die deutsche Durchschnittsfrau. Würde man die Rentenansprüche mit einbeziehen, läge die Lücke zwischen den Geschlechtern sogar noch deutlich höher.

Natürlich bedingen sich diese zwei Fakten gegenseitig. Wer für seine Arbeit weniger verdient, kann auch weniger zurücklegen und weniger Vermögen ansparen. Dieser Fakt ist allerdings nur zum Teil dafür verantwortlich, dass das Vermögen von Männern stärker steigt als das von Frauen. Immerhin speist sich Vermögen reicher Menschen mehrheitlich aus Erbschaften und nicht aus eigener Arbeit.

Umso folgenschwerer wiegt daher, was die Gesellschaftsforscherin Daria Tisch vom Max-Planck-Institut mit ihrem Kollegen Manuel Schechtl den Gender Tax Gap nennt. Tisch forscht zu geschlechtsspezifischer sozialer Ungleichheit. In ihrer Studie „The Gender (Tax) Gap in Parental Transfers. Evidence from Administrative Inheritance and Gift Tax Data” fand sie gemeinsam mit Schechtl heraus, dass das deutsche Steuersystem in Kombination mit konservativen Einstellungen innerhalb von wohlhabenden Familien Frauen indirekt benachteiligt.

Zum einen, weil Männer im Schnitt deutlich mehr erben und auch mehr Schenkungen als Frauen erhalten. Zum anderen, weil das, was Frauen bekommen, im Schnitt weniger wert ist. Frauen erhalten insgesamt 37 Prozent weniger Schenkungen und 13 Prozent weniger Erbschaften als Männer. Vergleicht man den Wert der Erbschaften, die Frauen zuteilwerden, liegt dieser im Schnitt um sieben Prozent unter dem Wert, der Männern zufällt. Bei Schenkungen beträgt die Lücke sogar zehn Prozent.

Hinzu kommt, dass Frauen oft andere Schenkungen erhalten als Männer. Frauen bekommen eher Immobilien und andere Wertgegenstände wie Aktien oder Bargeld, Männer eher das Familienunternehmen oder Forst-und Landbetriebe. Unternehmen sind oft mehrere Million Euro wert und generieren fortwährend Geld. Zudem werden sie vom Steuersystem besonders günstig behandelt. Hochprofitable und milliardenschwere Familienunternehmen können oft fast völlig steuerfrei weitergegeben werden. Im Gegenzug dazu erhalten Töchter steuerlich teurere Vermögen wie Bargeld. In Zahlen übersetzt bedeutet das ein geschlechtsspezifisches Steuergefälle von 2 % bei Erbschaften und 22% bei Schenkungen.

Tisch und Schechtl kommen daher zu dem Schluss, dass das Steuersystem ein wichtiger Faktor ist, der geschlechtsspezifische Vermögensungleichheiten reproduziert und den selektiven Zugang zu Status und Macht bewahrt. Wer diese indirekte Diskriminierung von Frauen im Steuergesetz aufheben will, müsste die Steuerbegünstigungen für Unternehmenserbschaften reduzieren. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Privilegien schon mehrfach als verfassungswidrig abgemahnt.

Die ganze Studie lesen.