Die Blackbox des deutschen Steuersystems: erklärt
- Von Xhulia Likaj
- Lesedauer 2 Min
Das neue Buch von Julia Jirmann, „Blackbox Steuerpolitik - Wie unser Steuersystem Ungleichheit fördert. Ein Reformvorschlag“, untersucht, wie das deutsche Steuersystem maßgeblich zur Entstehung und Verstärkung wirtschaftlicher Ungleichheit beiträgt. Deutschland ist im Vergleich zu anderen westlichen Demokratien durch eine besonders ungleiche Vermögensverteilung gekennzeichnet, bei der Bezieher mittlerer Einkommen eine hohe Steuerlast zu tragen haben, während die Vermögenden von vergleichsweise niedrigen Steuersätzen profitieren. Diese Ungleichheit wirft kritische Fragen zur Fairness auf: Warum zahlen die Superreichen oft einen geringeren Prozentsatz ihres Einkommens an Steuern als der Durchschnittsbürger, und wie kann das System so geändert werden, dass alle davon profitieren?
Jirmann liefert klare Erklärungen zu komplexen Steuerthemen und beantwortet Fragen wie die, wer die reichsten Menschen in Deutschland sind, wer am meisten erbt und wie sich die Steuerpflichten zwischen Regionen, insbesondere zwischen Ost- und Westdeutschland, sowie zwischen Männern und Frauen unterscheiden. Ihre Arbeit stellt gängige Missverständnisse über Steuern in Frage und schlägt konkrete Reformen für ein gerechteres Steuersystem vor.
Über die individuellen Auswirkungen hinaus argumentiert die Autorin, dass ein hohes Maß an wirtschaftlicher Ungleichheit weitreichende soziale Folgen hat, den sozialen Zusammenhalt untergräbt und die Fähigkeit des Staates einschränkt, wesentliche öffentliche Bedürfnisse zu erfüllen. Ein gerechteres Steuersystem würde die Fähigkeit der Regierung stärken, kritische Herausforderungen wie Klimawandel, öffentliche Verkehrsmittel, Bildung und Sicherheit anzugehen.
Das Buch ist sowohl eine Kritik an der aktuellen Steuerpolitik in Deutschland als auch ein Aufruf zum Handeln in einer Zeit, in der die Sorge um den Lebensstandard auch die Mittelschicht erfasst. Wie eine aktuelle Studie der Hans-Böckler-Stiftung zeigt, sind Einkommensungleichheit und Armut in Deutschland seit 2010 im Aufwärtstrend, wobei die wirtschaftliche Unsicherheit inzwischen nicht nur die Armen, sondern auch Teile der Mittelschicht betrifft, die Angst vor dem Verlust ihres derzeitigen Lebensstandards aufgrund des wirtschaftlichen Drucks geäußert haben. Wird diesem Trend nicht entgegengewirkt, besteht die Gefahr, dass sich die Kluft zwischen den wirtschaftlich benachteiligten Gruppen und den politischen Institutionen weiter vertieft. Viele Menschen in Armut haben nur begrenztes Vertrauen in demokratische und rechtliche Institutionen und haben das Gefühl, dass sie in der Gesellschaft keine Stimme haben. Diese wachsende Besorgnis wurde als „Partizipationskrise“ beschrieben, bei der wirtschaftliche Not mit einem Gefühl der politischen Entfremdung einhergeht.